Yvonnes Reisen

What a wonderful world!

Indien – ein leichter Einstieg

Die Einreise in Delhi gestaltet sich sehr einfach, die Fahrt vom Flughafen nach Gurgaon, eine moderne Cyber-City im Süden von Neu-Delhi ist kurz und schon stehe ich unter der Dusche in dem ersten von fünf Hotels, die ich während der Pressereise kennenlernen werde.

Beim Frühstück sitzen wir dann schon zu viert zusammen. Gemeinsam werden wir die nächsten zehn Tage verbringen werden . Die Tour beginnt …

Der Grundstein für Neu-Delhi wurde erst 1911 von den Briten gelegt. Hier entstand das neue Regierungsviertel, mit dem Kalkutta als Hauptstadt abgelöst wurde. 1929 war die Planhauptstadt fertiggestellt. Wir fahren auf breiten Alleen, vorbei an ausladenden Parks.

Die Kolonialarchitektur mit dem Präsidentenpalast hebt sich deutlich von anderen indischen Metropolen ab. Delhi ist die Stadt mit der höchsten Feinstaubbelastung der Welt – doch heute ist der Himmel blau und wir spazieren bei angenehmen Temperaturen zum India Gate, das stark an den Arc de Triomphe erinnert und 1921 zum Gedenken an 90.000 indische und britische Soldaten des ersten Weltkriegs erbaut wurde.

Ein Baoli ist ein Brunnenwerk aus dem 14. Jahrhundert. Clever angelegt füllt sich der Brunnen während des Monsuns mit Regenwasser, aus dem in früheren Zeiten die Frauen Wasser schöpften. Während wir den Agrasen Ki Baoli besichtigen, fallen uns die vielen jungen Leute auf, die sich gegenseitig auf den Stufen fotografieren. Noch vor einiger Zeit völlig unbeachtet, ist der Brunnen nun ein Instagram-Hotspot, denn hier wurden kürzlich Filmaufnahmen für einen Bollywood-Film gedreht.

Ganz in der Nähe befindet sich Gurudwara Bangia Sahib, einer der bedeutenden Tempel der Sikhs. Weltweit folgen etwa 25 Millionen Menschen dem Sikhismus. Mehr als 80 Prozent davon leben in Indien. Sikhs verehren einen Schöpfergott, der keine Gestalt und kein Geschlecht besitzt. Sie glauben an Wiedergeburt und an das Prinzip von Ursache und Wirkung.

Beim Essen in der großen Halle auf dem Tempelgelände finden sie sich alle zusammen. Hunderte von Menschen sitzen in langen Reihen auf dem Boden und verspeisen gemeinsam das Essen aus der Großküche. Um die 25.000 Menschen pro Tag kommen zum Essen hierher. Nicht alle sind arm, nicht jeder ein Sikh – die Gastfreundschaft gilt für alle.


Unser Guide führt uns in die Großküche dahinter. Dutzende Freiwillige backen hier für alle Fladenbrot und rühren in riesigen Kesseln Linsenbrei und Gemüsesuppen. Fasziniert sehen wir zu, wie sie die genau richtige Menge an Masala, der Gewürzmischung, in die Töpfe werfen, damit eine schmackhafte Mahlzeit entsteht. Ein Hauch von Mittelalter liegt in der Luft. Die Stimmung ist fröhlich, die Luft heiß und alles blitzsauber.

Unseren Masala Chai trinken wir an einen der vielen Straßenkioske. Das heiße und sehr schmackhafte Getränk wird aus schwarzem Tee, Milch und einigen Gewürzen wie Kardamom und Ingwer zubereitet. Viel zu schnell war der Nachmittag vorbei. Zurück im Hotel ist es schon bald Zeit für unser Dinner.

Über die Küche Indiens nur einen kurzen Absatz zu schreiben fällt sehr schwer. Denn sie ist genauso vielseitig wie das Land und vor allem außerordentlich köstlich. Indisches Essen besteht aus einer Menge Küchen, die alle eigenständig nach den Regionen und Bundestaaten sind. Das Geheimnis sind die verschiedensten Gewürzmischungen, die sorgsam auf die Gerichte abgestimmt werden. Natürlich gehört auch immer etwas Chilli dazu, für uns eher etwas europäischer und wem es noch immer zu scharf ist, für den steht Joghurt und Limette bereit.

Beim Dinner begleitet uns der General Manager und nimmt sich Zeit, unsere Fragen zu Land und Leuten zu beantworten. Kaum kann ich glauben, erst vor 12 Stunden angekommen zu sein, als ich traumlos in einen tiefen Schlaf falle.

Am nächsten Morgen geht es nach dem Frühstück schon weiter. Entlang an modernen Bürogebäuden internationaler Firmen erreichen wir den Expressway. Endlose Felder säumen unseren Weg, Weizen und gelbblühender Senf wechseln sich ab, rote Bougainvillea verschönern den Straßenrand. „Indien light für Anfänger“ stelle ich lächelnd fest. „Das ist auch Indien“ erwidert Scott, der Gastgeber unserer Reise, und regt mich sehr zum Nachdenken an. Ich mag diesen Satz, den ich mir gut merken werde. Es ist schon spannend, dass ich nach all den vielen Reisen ab und an noch immer zu Vorurteilen neige. Sehr gern lasse ich mich vom Gegenteil überzeugen.

Auf direktem Weg geht es ins ungefähr 200 Kilometer entfernte Agra. Unser Ziel: das im 17. Jahrhundert erbaute sagenhafte Taj Mahal. Es ist nicht nur das Wahrzeichen der Nation, sondern vor allem ein Monument der Liebe. Sein Erbauer ist Großmogul Shah Jahan. Nach islamischer Tradition hat er drei Frauen, von denen eine seine große Liebe ist. Schon als junger Prinz hat er sich in Mumtaz Mahal verliebt, die ihm 14 Kinder schenkt. Das vierzehnte Kind kostet sie das Leben. Auf dem Sterbebett äußert sie drei Wünsche: Er möge sich keine neue Frau nehmen, gut für die Kinder sorgen und für sie ein Grabmal errichten, das die Welt noch nicht gesehen hat.

Für Shah Jahan wird das Mausoleum zur Lebensaufgabe. 20.000 Arbeiter und 1000 Elefanten sind 21 Jahre dafür im Einsatz. Nur die besten Künstler und Handwerker werden beschäftigt und die kostbarsten Materialien eingesetzt. Es entsteht ein „Liebeslied aus Stein“ von paradiesischer Schönheit, vielleicht das vollkommenste Bauwerk der Welt. Nach Abschluss der Bauarbeiten verpflichtet der Bauherr alle daran Beteiligten, keiner gleichen Arbeit mehr nachzugehen. Er zahlt sie dafür aus, um zu verhindern, dass jemals etwas Ähnliches gebaut werden kann.

Einige Jahre später wird er von seinem Sohn vom Thron gestürzt. Den Rest seines Lebens verbringt er in Gefangenschaft. Eingesperrt im Roten Fort von Agra, das nur durch den Fluss Yamuhna vom Taj Mahal getrennt ist, hat er täglich die Erinnerung an seine geliebte Frau vor Augen. Als er mit 74 Jahren stirbt, wird er an der Seite von Mumtaz Mahal beigesetzt. Doch sein Meisterwerk ist unsterblich.

„Taj Mahal – eine Träne im Antlitz der Ewigkeit“ so wird es vom Poeten Tagore beschrieben. Auch in mir steigen die Tränen auf, als mein erster Blick auf das Bauwerk fällt. Die Schönheit ist unbeschreiblich. Einer der Momente, an denen die Zeit stehen zu bleiben scheint und den ich nie vergessen werde. Ungeachtet der vielen Menschen, die mit uns in der wunderschönen Parkanlage wuseln, strahlt das Taj Mahal eine solche Erhabenheit aus, das alles andere ausblendet. Wie gebannt bleiben meine Augen hängen und innerlich leiste ich große Abbitte, ursprünglich nicht hierher kommen zu wollen. Unser lokaler Guide erzählt uns nicht nur die Geschichte des Bauwerkes, sondern kennt auch die schönsten Fotomotive. Er macht seinen Job seit 25 Jahren mit viel Leidenschaft – als Guide und als Fotograf.

 

Als die Sonne langsam untergeht, erreichen wir unser nur 600 Meter entferntes Hotel. Von jedem Zimmer aus ist das Taj Mahal fast greifbar nah zu sehen. Zwar wird es in der Nacht nicht illuminiert, doch die Silhouette ist auch in der Dunkelheit zu erkennen.

Am nächsten Morgen klingelt bereits 6 Uhr der Wecker. Noch einmal gehen wir zum Taj Mahal, das so früh noch wenig frequentiert wird. Fast allein besichtigen wir das Innere des Mausoleums und spazieren über die Marmorplattform. Die Sonnenstrahlen haben es schwer, den Nebel zu durchbrechen, doch das Licht verleiht der Szenerie eine einzigartige Atmosphäre. Meinen letzten Blick zurück verbinde ich mit dem Versprechen, dass ich eines Tages hierher zurückkehren werde

Nach dem Frühstück und der Hotelbesichtigung fahren wir mit der Besichtigung fort. Unser nächstes Ziel ist Agra Fort.

Die „rote Festung“ benannt nach dem roten Sandstein, mit dem sie im 16. Jahrhundert erbaut wurde, diente über Generationen hinweg als Sitz und Machtzentrum des Mogulreiches. Von beeindruckenden Festungsmauern umgeben und cleveren Abwehrstrategien versehen, sind eine Vielzahl von Gebäuden in verschiedenen Höfen untergebracht. Die Erzählungen unseres Guides lassen das Leben zu dieser Zeit vor unseren Augen lebendig werden. Wir hören von den Haremsdamen, die der Unterhaltung des Moguls dienten und von seinen Frauen. Wir bewundern die gut durchdachte Klimatisierung der Säle und dem Bewässerungssystem für die Gärten und wir stehen in dem Pavillion, von dem aus Shah Jahan sehnsuchtsvoll das Taj Mahal betrachten konnte.

Schon wird es Zeit, Agra wieder zu verlassen. Wir verabschieden uns von unserem grossartigen Guide:

Die nächsten Stunden geht es mit dem Bus Überland nach Jaipur in Rajasthan. Es gibt viel zu sehen …

 

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Es ist mal wieder Zeit für ein Abenteuer – Indien

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Stippvisite in Rajasthan – Jaipur

  1. Marianne

    ♥️ Wow, so wunderschön beschrieben, danke 😊

  2. Jan H. Winter

    Faszinierend was du beschreibst…. 🤗

    • Dagmar Götz

      Liebe Yvonne, vielen Dank für deine Reisebeschreibungen.
      Ich werde deinen Blog meiner Tochter empfehlen. Sie ist auch totaler Indienfan. Ich bin gespannt, was du alles noch in Indien erleben wirst und wünsche dir viel Glück und Gesundheit auf deiner Reise.

    • Jana Wieduwilt

      Toller Bericht, das macht Lust auf eine Reise nach Indien!! Danke, Yvonne und eine gute Zeit! Freue mich auf deine weiteren Erlebnisse.

  3. Marion

    Schön, dass Du weg von dem Begriff „Indien light“ bist, das ist fast schon eine Beleidigung für die Menschen, die sich dieses phantastische Gebäude anschauen wollen – und Du hast es in Deiner Beschreibung sehr gut getroffen, dieses Gefühl der Liebe, manifestiert in Stein. Und auch wenn es touristisch ist…. es geht zu Indien wie die Sterne zum Himmel…

    • Yvonne

      Liebe Marion, „Indien light“ sollte gar nicht despektierlich sein. Ich glaube nur einfach, dass mich Metropolen wie Kalkutta oder Mumbai deutlich mehr herausfordern werden. Gleichzeitig ist es für mich sehr gut, die Vielfalt und Schönheit und auch die Probleme des Landes in vielen Facetten kennenzulernen

  4. Dagmar Götz

    Liebe Yvonne, ich glaube, auch alle Mädels, die ich kenne, freuen sich über deine Reisebeschreibungen. Deshalb habe ich deinen Blog allen empfohlen😊

  5. Heike Koinzer

    Ich habe deine Reisebeschreibung, die mir Dagmar empfohlen hat, mit großem Interesse gelesen. Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Alles Gute Heike

  6. Liebe Yvonne, bisher war Indien für mich ein grauer Fleck auf der Landkarte. Heisst, ich habe gar keine Vorstellung davon. Du bringst es uns näher und bei der Beschreibung von Taj Mahal habe ich Gänsehaut bekommen. Und so wundervolle Bilder. Ich warte schon gespannt auf den nächsten Bericht. 🙂

  7. Katharina

    Wundervoll und poetisch geschrieben 💜 macht Lust auf mehr….

  8. Ulli

    Mit etwas Muse und Zeit am Freitag Abend gelesen . Toll 👏
    Dank Dir für den Transport Deiner Eindrücke 😘

  9. Dimitra

    Liebe Yvonne,
    endlich habe ich es geschafft, hier reinzuschauen. Schön machst Du das, ich fühle mich mitgenommen und meine Neugierde und Reiselust bekommen echtes „Futter“ – wer weiß, schon bald mache auch ich mich auf den Weg 😉 Weiterhin viele neue Eindrücke und Erfahrungen, an denen Du uns teilhaben lässt!

    • Yvonne

      Liebe Dimitra, schön, dass du die Beiträge magst. Das ermuntert mich, endlich weiterzuschreiben. Seit gestern hat meine Ayurveda Kur begonnen. Die ersten Tage sind immer heftig. Doch die Lust über Rajasthan und Mumbai zu schreiben, überwiegt. Werd gleich mal starten 🙂

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