Wir landen pünktlich in Boston und die Einreiseformalitäten beginnen. Da ich im hinteren Teil des Flugzeugs gesessen habe – Fehler – stehe ich bei der Passkontrolle auch ganz hinten an. Wenige Minuten später ereilt mich ein Lichtblick – Wiedereinreisende mit gültiger ESTA können durch den Selbstbedienungs Check. Also raus aus der Schlange, Quittung am Automaten gezogen – und … in der nächsten Schlange. Das System erschließt sich mir nicht. Nach einer Stunde anstehen, bin ich endlich an der Reihe und beantworte brav die Fragen des Officers, wieso ich allein reise.
Autor: Yvonne Seite 9 von 10
Ich habe herrlich geschlafen, umso mehr zucke ich zusammen, als kurz nach 7 Uhr mich Presslufthämmer wecken – gegenüber werden die nächsten Appartements gebaut. Das treibt mich aus dem Bett und schnell wieder auf die Straße.
Vor gut 3 Stunden habe ich in Boston mein Auto übernommen. Ich wusste ja immer schon, dass ich ein wenig verrückt bin, aber dass sich das Schnäppchen, was ich im Januar schon bei der Autovermietung geschossen habe, als orangefarbenes Ford Mustang Cabrio erweisen wird, daran habe ich in meinen kühnsten Träumen nicht gedacht.
Samstag Abend – statt des Pub Besuches entscheide ich mich für den Müsliriegel, der noch von der heutigen Wanderung übrig geblieben ist und mache es mir in meinem hübschen Riverside Inn Zimmer gemütlich. Zeit für mein Reisetagebuch und so kehren meine Gedanken zu Donnerstag Nachmittag zurück.
Nach meiner ausgiebigen Rast in Porthsmouth erreiche ich Kennebunkport, beziehe mein zauberhaftes Zimmer im Maine State Inn und begebe mich auf Erkundungstour.
Heute bin ich zeitig unterwegs, denn der Acadia Nationalpark ist einer meiner Höhepunkte auf dieser Rundreise. Als ich Tini – der liebenswerten Indonesierin aus dem Inn – beim Frühstück gestern erzählte , dass ich heute hierher fahren werde, strahlten ihre Augen und verstärkten meine Vorfreude noch einmal mehr.
Knapp 400 Kilometer sind es von Jackson nach Bar Harbor – auf kleinen Landstraßen mit einem Ausblick auf Wälder, Seen und Flüsse, dass man gut das Doppelte an Zeit aufwenden könnte, würde man an jedem Aussichtspunkt einen Fotostopp einlegen. Ich begnüge mich mit dem Aufsaugen der Augenblicke beim vorbeifahren und hoffe, diese Eindrücke niemals zu vergessen. Kein Foto kann diese Farbenpracht tatsächlich so wiedergeben, wie die Natur sie gemalt hat.
Heute morgen ist der Ausblick aus meinem Fenster zwar immer noch idyllisch, doch es ist kühl und regnerisch und ich brauche eine gute Idee für den Tag.
650 Kilometer liegen heute vor mir. Die ganze Küste von Norden nach Süden, an Boston vorbei nach Cap Code. Hier erwarten mich lange Sandstrände und kleine Fischerdörfer. Ein schöner Abschluss am Meer, das ich so sehr liebe.
Am nächsten Morgen ist meine Entdeckerlust zurückgekehrt und so führt mich meine erste Fahrt nach dem Frühstück an einen der Strände, die hier zum Nationalpark gehören. Es weht ein rauer Wind – Stirnband, Handschuhe und meine Daunenjacke schützen mich. Sonne und Wolken wechseln sich im Minutentakt ab. Ganz allein bin ich hier am kilometerlangen Strand. Kaum vorzustellen, wie überfüllt es hier in der Hochsaison ist. Ich fotografiere tausende von Möwen und amüsiere mich, dass sie mit mir mit wandern. Kurzes aufflattern, zehn Meter vor mir wieder landend, das Spiel solange bis ich vom Weg abkomme.
Ich mag Abreisetage so überhaupt nicht. Zwar fliegt die Maschine von Boston nach München erst am Abend und trotzdem stehe ich den ganzen Tag unter dem Druck, alles pünktlich zu schaffen, aber keinesfalls zu früh auf dem Flughafen zu sitzen.
Mehr als vier Wochen sind bereits vergangen, seitdem ich von meiner Pilgerreise von Porto nach Santiago de Compostela zurückgekehrt bin. Viel zu schnell hat mich der Alltag wieder gefangen genommen, doch die tiefe innere Ruhe und die Kraft, die mir der Weg gegeben hat, ist geblieben. Rückblickend war es genau die richtige Zeit, mich auf diesen Weg und damit verbunden in mein Innerstes „Ich“ zu begeben.