Yvonnes Reisen

What a wonderful world!

On the road

Vor gut 3 Stunden habe ich in Boston mein Auto übernommen. Ich wusste ja immer schon, dass ich ein wenig verrückt bin, aber dass sich das Schnäppchen, was ich im Januar schon bei der Autovermietung geschossen habe, als orangefarbenes Ford Mustang Cabrio erweisen wird, daran habe ich in meinen kühnsten Träumen nicht gedacht.

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Noch mit etwas Respekt vor dem Straßenverkehr reihe ich mich vorsichtig auf die Atlantik Avenue Richtung Norden ein. Schnell bekomme ich ein Gefühl für das Auto, strahlender Sonnenschein macht das Öffnen des Verdecks möglich. Autoradio und Sitzheizung an, ich entspanne mich.

Meine erste Station ist Porthsmouth in New Jersey, etwas mehr als eine Autostunde von Boston entfernt Ein zauberhafter Ort mit den typischen New England Gebäuden, die einen glauben lassen, man ist im 19. Jahrhundert gelandet.

Nach einer kurzen Besichtigung und dem Widerstand, in all diesen hübschen Läden zu stöbern, suche ich mir einen Platz im sonnigen Freisitz eines Irish Pub und versuche in Worte zu fassen, warum es in den letzten beiden Tage keine Blogfortsetzung gab.

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Die Erklärung ist schlicht und doch vielschichtig. Meine Gedanken lassen mich nicht los, kreisen um Vergangenes, um Zukünftiges. Alles was ich zumindest am Dienstag unternehme, kommt nicht wirklich an mich heran. Ein grauer Schleier legt sich über mich und lässt mich alles wie unter einer Dunstglocke erleben.
Und trotzdem möchte ich euch jetzt noch teilhaben lassen, an meinem weiteren Streifzug durch dieses wunderbare Boston

Spät ist es an diesem Dienstagvormittag als ich Public Garden erreiche. Es ist ein warmer Herbsttag. Auf einer der weißen, schönen Brücken über angelegte Kanäle, die in Teiche münden, spielt ein alter Japaner auf einem Streichinstrument , dessen Name ich nicht kenne. Ich kann ihn nicht fragen, er spricht kein Wort englisch, doch wir lächeln uns wissend an. Ich nehme Platz auf einer der unweit stehenden Bänke und lausche der Musik, die mich an den Film „Der letzte Kaiser“ erinnert und die Zeit für einen Moment stillstehen lässt.

Später lasse ich mich treiben. Bewundere die gelungene Symbiose in dieser Stadt zwischen Geschichte und Moderne und betrachte das Spiegelbild der Trinity Church im modernen Bürogebäude direkt daneben.

Eher zufällig schließe ich mich in der Kirche einer Führung an, staune über die kurze Bauzeit von 5 Jahren und über die geringe Anzahl von Künstlern , die an der reichen Malerei beteiligt waren.

Die Bücherei von Boston ist öffentlich zugänglich und ich freue mich über den gelungenen Schnappschuss im Lesesaal. Ich verweile kurz im idyllischen Innenhof und habe auch hier Respekt vor der gelungenen Einheit der historischen Bibliothek und dem hypermodernen Gebäude, dass sich direkt anschließt und in dem alle Nutzer Zugang zu den verschiedensten Medien haben

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Mein Ziel für den Nachmittag ist das Museum of Fine Arts. Die umfangreiche Sammlung von Kunstwerken aus aller Welt bietet Programm für eine ganze Woche. Die Kunst des Besuchers besteht darin, sich zu beschränken. Für mich sind das auch hier die impressionistischen Gemälde. Ich freue mich, nach Paris und Halle wieder auf einen meiner Lieblingsmaler Monet zu treffen und meine Freundin zu Hause mit einer ausdrucksstarken Skulptur von Rodin – wenn auch nur in Form eines Fotos – erfreuen zu können. Die moderne Fotoausstellung gönne ich mir noch, dann ist die Aufnahmefähigkeit für heute erschöpft – noch ein Tee im grünen Innenhof des Museums und ich schlendre zurück nach Downtown.

Heute Abend bin ich mit Miguel – meiner peruanischen Legende vom camino Português – verabredet. Anders als angenommen, wohnt er nicht wirklich in Boston, sondern anderthalb Zugstunden entfernt. Es macht mich stolz, dass er extra für mich diesen Weg in Kauf nimmt. Doch ein bisschen bin ich auch nervös, erwischt er mich doch in keiner guten Verfassung. Im Kaufhaus mache ich mich schnell etwas frisch und schaue in erloschene graue Augen.
Auf dem Platz vor dem Kaufhaus sitzt Miguel schon und wartet auf mich. Wir sind uns beide nicht sicher, ob wir es auch wirklich sind. Dann lächelt er mich an, hebt kurz seine Mütze hoch und schon umarmen wir uns fest. Noch zu früh für ein Abendessen laufen wir durch die Stadt. Schnell fragt Miguel nach, denn ich hatte ihm bereits geschrieben, wie sehr der Jakobsweg mein Leben verändert hat. Ich erzähle ihm,, dass ich nach 25 Jahren meinen Job aufgeben möchte, um Anderes, Neues kennenzulernen , mich auszuprobieren , mich weiterzubilden , um dann mein Wissen weiterzugeben. Ich frage ihn, ob er mich für verrückt hält. Er verneint dies lächelnd und rät mir, meinem Herzen zu folgen. Einfacher gesagt als getan. Später kosten wir uns in der Markthalle durch die verschiedensten Gerichte an den Ständen, reden über dies und das, bis er vorsichtig fragt , ob er mir sagen darf , dass meine Augen das Strahlen verloren haben, dass er auf dem Camino gesehen hat. Ich bestätige ihm dies traurig und weiß, dass es noch etwas dauern wird, bis genau dieses Strahlen, die Freude und die Kraft wiederkehren werden. Geduld ist das Zauberwort und Vertrauen in die eigene Stärke.

Ich bringe ihn zum Nordbahnhof. Der Abschied fällt mir schwer. Einmal umsteigen in der U-Bahn und zwei Kilometer Fußmarsch später bin ich wieder in meinem Zimmer. In der Zwischenzeit hat Miguel mir schon geschrieben – „Just go with the Flow “ …

Am nächsten Morgen scheint die Sonne – auch wieder in mir und ich beschließe, den Tag in Harvard zu beginnen. Nach dem Frühstück geht es mit der Metro nach Cambridge. Nein, das ist kein Irrtum. Die 1638 gegründete Harvard Universität befindet sich tatsächlich in Cambridge. Vom ausladenden Campus der Stanford Universität in Kalifornien verwöhnt, bin ich zunächst etwas enttäuscht vom kleinen Hof Harvards.

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Eher zufällig schließe ich mich einer Führung an, die von einem wirklich witzigen und schauspielerisch begabten Harvard Student geleitet wird.

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Ich erfahre, dass insgesamt acht Präsidenten der Vereinigten Staaten Harvard besucht haben. Der letzte ist Barack Obama. Das Zimmer, dass John F. Kennedy allerdings bewohnt hat, gibt es nicht mehr. Hier führt heute ein Fahrstuhl durch…
Mark Zuckerberg entwickelte eigentlich nur für die Harvard Studenten eine Social Media Plattform, die sich in Windeseile verbreitete. Facebook ward erfunden und Zuckerberg schmiss sein Studium …
Unser Guide erzählt weiter von der Mutter eines Studenten , der beim Untergang der Titanic starb, da er nicht schwimmen konnte. Sie stiftete der Universität eine Bibliothek ,weil ihr Sohn Bücher über alles liebte und verband die Stiftung u.a. mit der Auflage, dass jeder Harvard Student das Freischwimmerzeugnis ablegen muss. Das ist übrigens bis heute so.

Ich reibe den Fuß der John Harvard Statue, denn das soll Glück bringen und genieße dann die Sonne auf einem windstillen Platz und das quirlige studentische Treiben um mich herum.

Später entdecke ich die vielen kleinen, zauberhaften Wohnanlagen rings um den Campus, in denen die Studenten ihr Internat beziehen.

Ich entschließe mich , den Rückweg nach Downtown zu Fuß immer am Fuß des Charles Rivers zurückzulegen. Ich schau den Manövern der Segelboote zu und hänge meinen Gedanken nach.

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Es ist so schön hier , dass ich  zu spät bemerke, dass ich schon viel zu weit gelaufen bin. Nicht schlimm, denn so durchstreife ich noch das hübsche Viertel von Beacon Hill, mit seinen Kolonialhäusern aus roten Ziegeln und schwarzen Fensterläden.

Im Marriott Hotel gönn ich mir einen Drink und dann noch eine Uber Fahrt zurück in meine Unterkunft. Boston – du bist zauberhaft …

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Bostons Pfad der Unabhängigkeit

  1. Claudi

    Einen Ford Mustang…. Liebe Yvonne, mögen die Sonnenstrahlen dich auf deiner gesamten Reise nie verlassen! Ein Traum. 🙂
    Beim Lesen deiner Zeilen steigt auch in mir die Sehnsucht endlich aufzubrechen.
    Lass es dir gut gehen!

  2. Christine

    Wieder wunderschön geschrieben und beschrieben , man erlebt Boston mit dir

  3. Webe bärbel

    Habe das gefühl, ich bin dabei. Ich bewundere deinen mut und deine stärke, deinen weg zu suchen, finden und zu gehen. Ps. Auf dem bild hast du lachende augen.

  4. Jan Böttger

    Und er fand die richtigen Felder doch. 😉

    Danke für deinen Bericht.

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