Ich erreiche Auckland gegen Mitternacht. Die Einreise gestaltet sich deutlich unkomplizierter, als gedacht. Neuseeland setzt sich intensiv dafür ein, das empfindliche ökologische Gleichgewicht zu schützen. Bereits kleinste Sporen, Fruchtfliegen oder Motten schädigen die Pflanzen und Tiere des Landes, was die Vergangenheit leider oft genug bewiesen hat. Daher werden Hunde an den Ankommenden entlanggeführt, die jede Spur von mitgebrachten Lebensmitteln erschnüffeln. Mit sauberen Schuhen einzureisen, ist hier genauso Pflicht, wie die Angabe von Campingausrüstung, an der noch eine fremde Spore kleben könnte.  Doch so spät in der Nacht winkt mich der Zollbeamte einfach nur durch und schon bin ich in Neuseeland.

Tatsächlich befinde ich mich nun am Ende der Welt, 18.000 Kilometer von zu Hause entfernt, weiter weg geht nicht mehr.  Nach den Weiten Australiens mutet das aus zwei Inseln bestehende Land klein an, mit 268.000 Quadratkilometern ist es kleiner als Deutschland. 4,5 Millionen Menschen leben hier, weniger als in Berlin.

Die Maoris nennen es Aotearoa : “das Land der weißen Wolke“. Die Legende sagt, als Kupe, der erste polynesische Entdecker, die Insel erreichte, verdeckte eine lang gezogene weiße Wolke den Blick auf das Land, das so seinen Namen erhielt.

Doch über all das denke ich jetzt erst einmal nicht nach. Ich bin müde und will ins Bett. Das Flughafen-Motel, das ich für die erste kurze Nacht gebucht habe, schickt mir einen missmutigen Fahrer, der sich auch als Nachtportier erweist. Mein Zimmer ist wenig erwähnenswert, ich will ja auch nur hier schlafen.  Erschreckt ziehe ich die Gardine vor meiner ebenerdigen Tür weg, als es klopft. Die Jungs von gegenüber feiern eine Party und wollen mich dazu einladen. Jetzt erklärt sich mir auch der eigenartige süßliche Duft, der durch das Fenster zieht. Freundlich aber bestimmt lehne ich ab, es ist nach 1 Uhr nachts.

Auckland begrüßt mich am nächsten Morgen mit strahlendem Sonnenschein. Der UBER-Fahrer, der mich in die Stadt bringt, berichtet von den Unwettern der letzten Tage und was ich doch für ein Glück habe. Spätestens als ich im Stadtpark die vielen heruntergerissenen Äste sehe, kann ich das sehr gut nachvollziehen. Ich werfe den Rucksack in meinem Mini-Appartement mit Retro-Chick ab und ziehe sofort wieder los.

Einen richtigen Stadtkern gibt es nicht, das Leben spielt sich rings um die Queen-Street ab, die bis zum ausgedehnten und modernen Harbour Viadukt reicht. Von hier laufe ich zum Wynyard Quartier und durchstreife den Park am Pier, der seinen eher ungewöhnlichen Namen „Silo-Park“ von den bunt angemalten Silos erhalten hat und in dem sich jung und alt gemeinsam tummeln.

Mein Blick fällt auf die Harbour-Bridge, die natürlich meinem Vergleich mit ihrer berühmten Schwester in Sydney nicht standhält.

Unterwegs fallen mir immer wieder Eulenstatuen auf. Neugierig befrage ich meinen besten Freund Google und erfahre, dass es sich dabei um ein Künstlerprojekt handelt, bei dem jede Eule anhand von Bildern bewegende Geschichten von Menschen erzählt.

Einmal quer durch die Stadt steuere ich den Mt. Eden an. Der erloschene Krater ist der höchste Vulkan (von insgesamt 49 Vulkankegeln) Aucklands. Noch völlig außer Atem und mit kritischen Blick auf die aufziehenden Regenwolken genieße ich den 360 Grad Rundumblick auf die Stadt und die Bucht.

Nach der ausgiebigen Stadtwanderung habe ich mir ein leckeres Steak mehr als verdient. Im Restaurant „Lord Nelson“, das mir eine Freundin empfohlen hat, fühle ich mich sehr wohl und lasse den Abend gemütlich ausklingen.

Am nächsten Morgen setze ich meine Stadterkundung fort, vorbei an beeindruckenden historischen Gebäuden und der modernen Universität von Auckland.  Ich bleibe hängen an St. Mary, der neuen Kathedrale von Auckland.

Ihre Besonderheit besteht darin, dass sich direkt an sie die historische Holzkirche anschließt, die vor einigen Jahren noch auf der anderen Straßenseite stand und auf Schienen umgezogen wurde.

Ich erreiche den zauberhaften Stadtteil Parnell mit seinen kolonialen Bauten und laufe bis zur Hobson Bay hinunter. Hier ist ein Spazierweg ausgeschildert, der nur bei Ebbe begehbar ist und weil auch heute ein Glückstag für mich ist, erlebe ich die einzigartige Wattlandschaft.

Nach dem Besuch der Auckland Art Gallery nehme ich noch eine Anregung aus dem Guide auf, den die Stadt selbst herausgegeben hat. Empfohlen wird als kulturelles Zentrum die K‘Street. Hier entdecke ich vor allem Geschäfte, die mit „nur für Erwachsene“ gekennzeichnet sind. Tattoolöden sind da tatsächlich noch die harmlosesten 🙂

Soviel wandern macht müde und ich steuere den Father Ted‘s Original Irish Pub an. Von mir aus hätte ich vermutlich die Tür eher nicht geöffnet, da ich aber den Empfehlungsgeber sehr schätze, versuche ich mein Glück und werde mit einer warmen Atmosphäre und guter Livemusik  belohnt.

Meinen dritten und letzten Tag in Auckland werde ich nicht direkt in der Stadt verbringen, sondern setze am Morgen mit der Fähre nach Waiheke Island über.

Die Insel lockt nicht nur mit weißen Sandstränden und malerischen Buchten, sondern auch mit einer Vielzahl von Weingütern, die alle zu Verkostungen einladen.

Auf der Insel angekommen spaziere ich nach Oneroa Village, gönne mir ein Frühstück mit Blick aufs Meer

und beschließe mir ein Ticket für den Hop off – Hop on Bus zu kaufen. Die Insel ist mit 56 Quadratkilometern deutlich größer als erwartet und so habe ich die Chance, mir einen guten Überblick zu verschaffen. Die ersten 9 Stationen ziehen an mir vorbei, bevor ich in Onetangi am Strand aussteige.

Der weiße Sandstrand ist menschenleer, unbeschreiblich schön und verführt mich zu einer kleinen Wanderung.

Später lockt mich ein Pfad auf einen Overlook über die Bay und von hier geht es zu Fuß weiter zum ersten Weingut, das den treffenden Namen „Miro“ trägt, denn hier geht es sehr spanisch künstlerisch zu.

Das Glas Sauvignon Blanc trinke ich entspannt im Garten und muss später lächeln, als mich auf der Straße jemand anspricht, ob ich denn gerade Feierabend gemacht hätte, ich würde so fröhlich aussehen. Ja und tatsächlich könnte ich mir gerade gut vorstellen, in dieser wunderbaren Umgebung zu arbeiten. An Weinbergen entlang erreiche ich nach einer kleinen. Wanderung das „Wild on Waiheke“ Weingut. Hier lässt es sich nicht nur lecker Wein trinken, sondern auch im Bogenschießen üben oder einfach auf dem herrlichen Rasen relaxen.

Wenig später sammelt mich auch der Bus wieder auf und ich steige am Mudbrick Vinyard aus. Die Sonne geht spektakulär über der Bucht unter, als ich beschließe, hier zu Abend zu essen und die Aussicht zu genießen.

 

Der letzte Bus ist längst abgefahren und so laufe ich in der Dunkelheit zurück zum Hafen, steige in die Fähre zurück nach Auckland und beende vom Wein leicht beschwingt diesen schönen Tag.