In meiner dritten Woche in der Singharaja Garden AGRO & Eco Lodge dreht sich fast alles um die Öko-Farm. Ich tauche ein in die Welt der Gewürze und des Wildkaffes und bin gleichzeitig fasziniert von der Vielseitigkeit und ehrfürchtig gegenüber der Arbeit, die notwendig ist, bevor die Ware verschifft wird.
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Sonnenstrahlen lassen die Tropfen auf den Palmenblättern funkeln. Seit einigen Tagen macht der Regenwald seinem Namen alle Ehre. Jeden Nachmittag schüttet es ein paar Stunden wie aus Kübeln Der Regen wird dringend gebraucht und hinterlässt ein saftiges Grün.
Genau vor einer Woche bin ich in der Singharaja Garden Eco Lodge angekommen. Ich kann gar nicht genau sagen, ob die Zeit für mich kurz oder lang war. Auf der einen Seite ist sie wie im Flug vergangen, andererseits habe ich den Eindruck, schon ewig hier zu sein.
„Letzter Aufruf für Frau Yvonne Simon gebucht auf den Lufthansa-Flug nach Frankfurt. Bitte begeben Sie sich umgehend zum Ausgang 24.“
Fast hätte ich ihn verpasst, den Start zu meiner Weltreise und dass, obwohl ich länger als ein Jahr genau auf diesen Tag zugearbeitet habe.
Eigentlich, ja eigentlich hatte ich mir so gedacht, dass ich mit dem Jahresrückblick am Silvester-Tag meinen La-Palma-Blog abschließe. Doch heute morgen – bei einem Kaffee an meinem heimischen Schreibtisch und den Blick in den grauen wolkenverhangenen Himmel, wandern meine Gedanken noch einmal zurück zu meinen letzten Erlebnissen und Eindrücken. Die Insel ist einfach zu schön und zu vielseitig, um nicht noch einmal darüber zu schreiben …
Da fällt mir als erstes mein lichtdurchflutetes Atlantikbad ein. Nachdem ich den letztzen Blogartikel online gestellt habe, steht mir der Sinn nach Strand und Meer. Ganz in meiner Nähe befindet sich der Charco Verde. Felswände überragen den schwarzen Naturstrand. In einer kleinen Bucht schlagen die Wellen sanft an den Strand.
Fasziniert sehe ich, wie die Sonnenstrahlen den Atlantik in ein Lichtermeer verwandelt.
Und obwohl das Wasser doch recht frisch ist, zieht es mich magisch an. Schwimmen im strahlenden Licht – es ist also ob ich von einem wunderbaren 2017 in ein genauso intensives, aufregendes, inspirierendes 2018 hinübergleite – mein ganz persönlicher Jahresübergang – schöner kann es nicht werden.
Und so bin ich auch überhaupt nicht traurig, dass in Puerto Naos heute schon 19 Uhr alle Restaurants schließen , denn hier ist Silvester ein wichtiger Feiertag, den man im Kreise seiner Familie verbringt . So plündere ich die Vorräte in meinem Kühlschrank und köpfe die Flasche Cava, die der Besitzer heute Vormittag vorbeigebracht hat. Glück ist leicht.
Am nächsten Morgen ist das Wetter viel zu schön, um nicht noch einen Ausflug zu machen. Der Himmel ist tiefblau und es weht ein leichter Wind, als ich Richtung Nationalpark Caldera de Taburiente losfahre. Der Reiseführer verspricht den wohl schönsten Blick der Insel. Mein Plan, noch einmal der Route weiterer Vulkane zu folgen…
Unterwegs stelle ich fest, dass ich sowohl meine Papiere als auch mein Geld vergessen habe. Zum Umkehren ist es zu weit – also Risiko. Das Schild „ocupado“ an der Auffahrt zum Cumbrecita ignoriere ich geflissentlich, bis ich tatsächlich an einer Schranke angehalten werde. Der kleine Parkplatz auf dem Gipfel, auf dem der Wanderweg startet ist besetzt. Theoretisch könnte ich eine Nummer ziehen und warten. Spontan entscheide ich, wenn ich nicht hinfahren kann, dann laufe ich eben hoch … Das Auto abgestellt und den Schildern gefolgt. Sanft geht es zunächst einen Waldweg nach oben…
…dann beginnt die Kletterei. Es ist schweißtreibend und ich teile mir mein Wasser unterwegs sorgsam ein. Der Weg ist herausfordernd, steinig und schmal – an Höhenangst sollte man hier möglichst nicht leiden – und gleichzeitig ist es ein Fest für die Sinne. Die steilen Felsen der Cumbrecita sind bewachsen mit unzähligen Pinien, deren lichtes Grün in der Sonne leuchtet und mich mit Energie füllt. Die heruntergefallenen Piniennadeln fühlen sich an, als ob ich auf einem weichen Teppich laufe und der Duft der warmen Luft erinnert mich an eine finnische Sauna
– und auch hier kommt mir in den Sinn: „Glück ist leicht“ –und eigentlich nicht mehr zu toppen, bis ich auf dem Gipfel ankomme – das Panorama ist unbeschreiblich …
Schmunzelnd bleibe ich an einem Hinweisschild zu meiner soeben beendeten Wanderung stehen: Zu den Fakten: 7 Kilometer Länge und 673 Höhenmeter steht da noch der Hinweis, dass man den steilen Weg nur in Begleitung, mit Bergstiefeln und mit genügend Wasser im Gepäck absolvieren sollte – naja, geht auch anders ☺
Zurück laufe ich die in Serpentinen verlaufende Landstrasse. Theoretisch könnte ich auch mit dem Taxi zurückfahren, aber neben dem fehlenden Geld dafür, würde ich nicht einen Meter von der Landschaft verpassen wollen.
Spät am Nachmittag komme ich zurück voller Vorfreude auf ein weiteres Lichtbad im Atlantik. Doch kein noch so wunderbarer Moment ist wiederholbar. Ist es der Unaufmerkamkeit oder doch einer leichten Erschöpfung nach der Wanderung geschuldet: die erste Welle, die auf mich trifft wirft mich direkt um. Der nachfolgende Sog verhindert, dass ich mich wieder aufrichten kann und schon greift mich die zweite Welle und wirbelt mich herum. Ich gewinne wieder Boden, schwimme in ruhigere Zonen und erhole mich von meinem Schrecken.
Für den Neujahrsabend, der gleichzeitig mein letzter Abend auf der Insel ist, wünsche ich mir ein stilvolles Dinner. Wenige Kilometer entfernt befindet sich die Hacienda de Abajo, ein Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert, das liebevoll als Hotel und Restaurant renoviert wurde.
Bereitwillig führt mich die Rezeptionistin durch das Haus mit seinen vielen Antiquitäten und dem wunderschönen Garten. Zum Abendessen ist es noch einen Moment zu früh und so genieße ich einen Aperitif an der Bar und erwarte in diesem Ambiente jeden Moment, Miss Marple um die Ecke kommen zu sehen.
Entsprechend gibt sich später auch das Restaurant , in dem ich ein ausgesprochen leckeres Menü serviert bekomme. Was für ein stilvolles Ende eines beeindruckenden Tages.
Und obwohl der Artikel nun schon ganz schön lang geraten ist, möchte ich gern noch ein paar Sätze zu der Inselhauptstadt Santa Cruz de La Palma schreiben. Hier verbringe ich die letzten Stunden vor meinem Abflug und bin ganz verzückt von ihr. Prunkvolle Stadtpaläste, lebendige Plätze, bunte Straßencafes sorgen für Flair.
Von der Seepromenade, wo sich die Wellen am Strand brechen bis zur Altstadt ist es nur ein Katzensprung.
Ich lasse mich einfach treiben. So entdecke ich auch das Inselmuseum, das in einem ehemaligen Franziskanerkloster residiert.
Ich staune über die Vielfalt von altem Handwerk bis zur zeitgenössischen Kunst, die hier ausgestellt ist und verweile einen Moment in der Inselbibliothek.
Danach schlendere ich durch die kleine Markthalle …
… amüsiere mich köstlich über den Weihnachtsbaum direkt neben den Palmen …
… trinke im Bistro La Placeta einen letzten Café con leche
und weiß eines genau: La Palma – wir beide sehen uns wieder …
Am Mittwoch bin ich umgezogen in ein Appartement ans Meer.
Zwischen zwei Bananenplantagen, am Ende einer Schotterpiste, bei der man, wenn man nicht aufpasst, direkt mit dem Auto im Meer landet, steht das weiße Haus. Zehn sehr kleine, schlichte Wohneinheiten birgt es. Eine Palme schmiegt sich dicht an die Hausmauer. Der Atlantik bricht sich unterhalb an den schroffen Felsen.
Meinen mobilen Schreibtisch habe ich so aufgestellt, dass mein Blick auf das Meer fällt, wenn ich ihn vom Laptop abwende. Heute vor einem Jahr hatte ich den Laptop mit Blick auf den Indischen Ozean aufgeklappt – der Inbegriff des Glücks für mich: einen Energieort am Meer zum Schreiben.
Und schon wieder ist es Zeit für einen Jahresrückblick. 2017 war nicht nur eines der intensivsten und spannendsten Jahre sondern auch eines, das für mich ganz besonders schnell vergangen ist.
Meine persönliche Rückschau auf dieses Jahr ist lang geworden, acht Seiten handschriftlich vollgekritzelt liegen vor mir. Es war das Jahr der „ersten Male“, mein „Ich geh-über–Grenzen-Jahr, in dem ich nicht nur in meinen Ausbildungen etwas gelernt habe, sondern weit darüber hinaus viel über mich erfahren habe. „Wer bin ich, wenn keiner zuguckt?“ Wie habe ich mich verändert?
Gar nicht so einfach, aus der Vielzahl der Erfahrungen, die wichtigsten Erkenntnisse zusammenzufassen
1. Freiheit will trainiert werden.
Sie ist nicht einfach nur da, sie will auch gesehen und gelebt werden. Es war gar nicht so einfach ein „Ich würde gern einmal“ in ein „Ich mach es jetzt einfach“ zu verwandeln. Mir selbst die Erlaubnis zu geben, viele Dinge auszuprobieren und mich nicht für eine Sache entscheiden zu müssen, war tatsächlich ein echter Lernprozess für mich.
2. „Es gibt keine Wahrheit, sondern nur Wirklichkeitskonstruktionen“
– diese These der systemischen Konstruktivisten hat mein Leben verändert. Das Wissen darüber, dass wir alle unsere eigenen Filme im Kopf haben, die nur unserer eigenen Wahrnehmung entsprechen und es damit kein Richtig und kein Falsch gibt, hat für mich vieles vereinfacht. Nicht nur im Miteinander, sondern auch im Umgang mit mir selbst. Den Blickwinkel zu verändern, wenn der Ausschnitt nicht passt, entspannt mich immer mehr.
3. Vertrauen in mich selbst und in meine Entscheidungen haben.
Nachdem es am Anfang des Jahres noch ein „Weg von …“ war, wurde mir schnell klar, dass es viel mehr ein „Hin zu“ ist. Hin dazu, auch andere Menschen zu inspirieren, ihrem eigenen Weg zu folgen und sie dabei dann zu unterstützen. Das Handwerkszeug dazu habe ich in den verschiedenen Ausbildungen erlernt. Meine Erfüllung habe ich dabei gefunden, dass Gelernte auch anzuwenden und gemixt mit meiner Lebenserfahrung und Intuition als Coach und Trainerin meine ersten Schritte in die Selbständigkeit zu gehen.
4. Ganz bei mir selbst im „Jetzt“ zu sein.
Mein im Herbst besuchtes ZEN-Einführungsseminar wirkt nachhaltig nach. Sicher ist es wichtig und notwendig, Erkenntnisse aus der Vergangenheit zu ziehen und Pläne für die Zukunft zu schmieden. Gleichzeitig ist es der Moment, in dem wir leben, der so kostbar ist. Die pure Präsenz aus der wir Energie tanken, bewußt sind und ganz bei dem sind, was wir gerade tun.
5. Dankbar für Familie und Freundschaft zu sein.
Nur im Austausch miteinander wachsen wir. Dies ist mir in diesem Jahr besonders bewußt geworden und so bin ich glücklich über all die Menschen, die mein Leben bereichern. Glücklich über all die Gespräche, die Diskussionen, die Momente, in denen wir uns aneinander gerieben haben und die Momente, in denen wir einander einfach nur zugehört haben und für einander da waren. Vielen Dank, dass es euch gibt.
6. Dinge mit eigenen Augen sehen, um sie zu verstehen.
Die wichtigste Reise im außen war für mich in diesem Jahr mein Besuch im Heiligen Land. Tatsächlich war es mir im Vorfeld ein wenig mulmig, allein nach Tel Aviv und Jerusalem zu reisen. Heute bin ich für diese Entscheidung sehr dankbar. Nicht nur, weil die Kultur, die Mentalität der Menschen, die unterschiedlichen Religionen und die einzigartige Landschaft so beeindruckend sind, sondern insbesondere, weil ich nun einen eigenen Eindruck davon habe, was ich bisher nur aus Berichterstattungen kannte. Sicher war es nur eine Momentaufnahme, die gleichzeitig für mich so wichtig ist. Ich erinnere mich an Sami aus Jerusalem, den ich fragte: „Was erzähle ich denn meinen Freunden zu Hause über das Heilige Land“ und er mir antworte: „Erzähl ihnen, was du hier gesehen hast und lade sie dazu ein, sich ein eigenes Bild zu machen“.
7. Meine Lust am Reisen mit der Lust am Erzählen verknüpfen.
Zugegebenermaßen ist diese Erkenntnis nicht neu. Doch ist einiges in diesem Jahr dazugekommen, meine Beiträge für den Newsletter von „Big five for life“ zum Beispiel. Gerade bauen wir einen Gastblog für den Connoisseur Circle auf, in dem ich über meine Reisen berichten werde. Und ab 8. Januar wird ein Podcast an den Start gehen „Ich mach’s jetzt einfach“, in dem ich Mut machen möchte, in die eigenen Kraft zu vertrauen und Träume in die Tat umzusetzen.
Damit habe ich schon den Bogen geschlagen ins nächste Jahr, das nur noch einige Stunden entfernt ist. Ich freu mich schon riesig darauf. Ab Ende Januar geht es für einige Monate auf Weltreise – wohin genau, davon werdet ihr hier lesen ☺
Ich wünsche uns allen einen wunderbaren Start in ein großartiges 2018, in dem wir uns mutig unsere Träume erfüllen.
Eure Yvonne
28 Tage dauert es, bis sich neue Gewohnheiten manifestiert haben. Heute ist ein guter Moment, eingeschlafene Rituale wieder zu erwecken und so ist der 1. Weihnachtsfeiertag auch Tag 1 von 28, an dem ich meiner Meditation und einer Yoga-Einheit nachgehe. Mein Frühstück auf der Sonnenterrasse fühlt sich mehr als verdient an und ich plane entspannt meinen Tag.
In unmittelbarer Nähe läuft die Vulkan-Route entlang und so klappere ich kurze Zeit später mit meinen Wanderstöcken los. Erst einmal geht es schon im Ort kräftig bergan – wo genau ist eigentlich meine Kondition geblieben – bis ich am Waldrand auf den Wanderweg treffe und mich zu entscheiden habe, links zum San Antonio, 657 m hoch, oder weiter geradeaus zum Vulkan Teneguia, dessen letzter Ausbruch 1971 noch nicht so sehr lange zurückliegt.
Spontan entscheide ich mich für den steilen und steinig gerölligen Aufstieg zum San Antonio. Schon beim Hochklettern grüble ich über den Abstieg nach, der noch immer meine Achillesferse ist. Oben angekommen amüsiere ich mich ein wenig über die vereinzelten Fahrzeuge auf dem angrenzenden Parkplatz – es geht auch weniger schweißtreibend, sicher aber bei weitem nicht so schön.
Ich betrete den Kraterrand und bestaune die Kiefern, die sich in dem erloschenen Krater angesiedelt haben. Immer wieder an diesem Tag werden mir die wunderbaren Farbkompositionen auffallen: das Schwarz der Lava im Einklang mit dem Grün der Bäume, dem Blau des Himmels und des Meeres, das fast ständig am Horizont sichtbar ist. Genaugenommen ist die Lava auch niemals tiefschwarz, sie funkelt in allen Facetten. Je nachdem wie das Sonnenlicht auftrifft sehe ich rote, blaue oder braune Töne aufblitzen.
Von der Spitze des Vulkans habe ich freien Blick auf den jüngsten Vulkan hier auf der Insel, dem Teneguia. Von hier aus scheint er so nah, dass ich beschließe, meinen Weg dorthin fortzusetzen.
Zunächst wartet allerdings der Abstieg auf mich. Ich erinnere mich an meinen Zen-Lehrer und seine Aussage: „Nicht das Ich denkt die Gedanken, sondern durch die Gedanken entsteht das Ich“. Eine gute Gelegenheit, dies einmal auszuprobieren. Ich erfinde mich einfach neu – mit Mut statt Angst und schaffe es tatsächlich innerhalb kurzer Zeit wieder auf dem Waldweg anzukommen.
Das Universum belohnt mich mit einem grandiosen Ausblick. Mit weiter Brust und langen Schritten erreiche ich den Teneguia. Im Hinblick auf die Zeit lasse ich ihn heute links liegen und klettere den schmalen Pfad hinab Richtung Meer. Immer neue Formen der schwarzen Lava fesseln mein Auge. Der Weg ist das Ziel. Die Landschaft fasziniert mich so sehr, dass ich ständig einen Fotostopp einlege. Doch keines der Bilder wird dem tatsächlichem Anblick gerecht.
Eine ganze Weile später erreiche ich die Strasse. Von hier fährt ein Bus zurück, verrät mir ein Paar, das mir entgegenkommt. Doch ich habe mich schon anders entschieden. Gemäß meinem Routenplaner wandere ich entspannt die fünf Kilometer auf der Landstraße zurück. Was mich dabei allerdings ein wenig verwundert, ist die Richtung, in der er mich schickt – entgegengesetzt der, in der ich mein Quartier vermute. Schlau wäre auch gewesen, den Hinweis „Route beinhaltet unbefestigte Strassen“ ernst zu nehmen, denn nach der nächsten Biegung schickt mich Google Map zurück auf den Berg … Keuchend erreiche ich die Anhöhe und werde für meine Ausdauer belohnt. Ich befinde mich im Weinanbaugebiet von Las Machuqueras. Eigentlich würde niemand, der bei gesundem Menschenverstand ist, daran denken, hier etwas anzubauen, doch die große Anzahl von Parzellen, die mein Auge erblickt, lehrt mich etwas anderes. Jede Rebstockreihe hat hier ihre eigene kleine Schutzmauer, um sich vor dem ständig wehenden Passatwinden zu schützen. Tief beeindruckt quere ich die Landschaft und freue mich darauf, den hiesigen Wein bald zu kosten.
Während des letzten Kilometers plane ich bereits meine morgige Tour. Blöd nur, dass mein Quartier deutlich unter dem Niveau des Wanderwegs liegt. Und so steige ich vorsichtig die 90 Grad steilen Pflasterstraßen wieder hinab, nicht ohne die Katze zu beneiden, die mir auf ihren vier Beinen graziös zeigt, wie der Abstieg auch ausssehen kann …
Am nächsten Morgen ist auch der Muskelkater hellwach, er zwickt und zwackt mich – doch jede neue Gewohnheit braucht 28 Tage zum manifestieren. Meditation ist ja noch leicht, die Yoga-Einheit danach – hüllen wir einfach den Mantel des Schweigens darüber.
Heute führt mich mein Weg erst auf den Teneguia und danach hinunter zum Leuchtturm und zu den Salinen. So der Plan.
Zunächst erreiche ich den Roque de Teneguia, einen beeindruckenden Felsen, an dem einmal eine heilige Quelle entsprungen sein soll,
Intuitiv zieht es mich zu ihm hin, wohl wissend, dass ich den ganzen Weg hinunter auch wieder hoch laufen muss. Doch es ist fast Magie, ich kann mich nicht wehren. Unten angelangt, treffe ich eine Schweizerin, die mir verrät, dass auch von hier ein Weg zum Teneguia führt. Sie verschwindet hinter dem Felsen und läßt mich allein. Vorsichtig klettere ich ihr nach – tatsächlich gibt es hier eine alte Wasserleitung, auf der man laufen kann. Doch da ist sie wieder meine Angst, die mich einen Augenblick daran hindert, weiterzugehen. Und dann erkenne ich sie einfach an – als Seite an mir, die mich schützen will und daher auch wichtig ist. Gleichzeitig erkenne ich, dass sie mich schon lange nicht mehr lähmt. Dass ich auch mit der Angst alles erreiche, was ich mir vornehme Durch sie hindurch gehe, mir nichts versage, was ich erleben möchte und dass sie daher auch bleiben darf. Was für eine Hammer-Erkenntnis.
Auch wenn ich nicht sehr elegant auf der Wasserleitung lande, ich komme an- und nur das zählt. Kurze Zeit später erreiche ich den Teneguia, spüre die Wärme, die er immer noch ausstrahlt und genieße den Moment.
Später steige ich ab bis zum Meer, erreiche den Leuchtturm und die Saline, in der heute noch immer das Salz per Handarbeit abgeschöpft wird.
Einen Café con leche und einen kleinen Imbiss später ist die Entscheidung über den Rückweg zu treffen: die gestrige Strecke oder wieder zurück zum Teneguia, um den Weg aus einer ganz anderen Perspektive zu sehen. Ich entscheide mich spontan für letzteres und kraxle wieder nach oben. Es ist schon Nachmittag, als ich auf Höhe des Vulkans ankomme. Außer mir ist niemand hier und plötzlich höre ich es ganz deutlich: die absolute Stille – nur durchbrochen durch meine lauten Gedanken. Ich konzentriere mich auf meinen Atem, versuche, die Gedanken loszulassen – Gehmeditation – und lache plötzlich laut auf. Ein Jogger überholt mich strahlend, in seinen Händen rechts und links kleine Gewichte, als ob ihm die Anstrengung noch nicht genügt. Ich hatte bereits darüber gelesen, dass hier jährlich ein Berg-Marathon stattfindet und Training dafür gehört sicher dazu – und: hat mich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt…
In meinem ganz eigenen Tempo erreiche ich mein Appartement und bin ganz erfüllt von den Eindrücken des Tages.
…so wird sie genannt oder auch „Isla verde“ – grüne Insel.
Gemeint ist damit La Palma, die fünftgrößte der Kanarischen Inseln und in diesem Jahr Ziel meiner Weihnachtsreise.
Dankbar greife ich die Anregung eines Freundes auf, nach all den spannenden, bereichernden und gleichzeitig auch fordernden Erfahrungen, die mein Ausbildungsjahr mit sich bringen, mir eine kleine Auszeit zu nehmen, um wieder mehr in meine innere Mitte zurückzukehren. Er empfiehlt mir den Benediktushof in der Nähe von Würzburg und nach einem Blick in das umfangreiche Seminarprogramm entscheide ich mich recht spontan für den Kontemplations-Einführungskurs. Noch habe ich nicht so wirklich eine Idee, was sich dahinter konkret verbirgt. Klar ist, dass der Kurs im Schweigen stattfinden wird und es auch die Empfehlung gibt, auf Handy und Internet zu verzichten. „Kalter Elektronikentzug“ – Im Augenblick für mich kaum vorstellbar.
Wie immer viel zu spät losgefahren, übe ich mich auf der Autobahn in Multitasking – das Baguette aus der Tüte balancieren, ein Hörbuch aus meiner Bibliothek auswählen, schnell noch eine email auf dem Smartphone beantworten und das alles auf der Überholspur. Das Seminar kommt wohl tatsächlich zum genau richtigen Zeitpunkt.
Noch bevor ich den Benediktushof erreiche, fällt mein Blick schon von weitem auf die beeindruckende Rundkirche, die in ihrer Schönheit einlädt, das Gelände des ehemaligen Benediktinerklosters aus dem 8. Jahrhundert zu betreten.
Nach einer sehr wechselvollen Geschichte als Kloster, Gutshof und zuletzt als Hotelbetrieb ist hier 2003 ein Meditations-und Achtsamkeitszentrum der ganz besonderen Art entstanden. Denn sein Gründer, Williges Jäger, schlägt hier den spannenden Bogen zwischen den östlichen und westlichen Meditationsformen, zwischen christlicher Mystik und buddhistischen ZEN.
Schon bei meiner Ankunft spüre ich die Energie, die von diesem Ort ausgeht und die direkt meinen Körper und Geist entspannt.
In einem der ehemaligen Klostergebäude befindet sich mein Zimmer – spartanisch schön: keine Bilder an den Wänden, kein Fernseher, kein handy-Empfang lenken von der Stille ab.
Schnell die Tasche abgestellt und den Weg in den Speisesaal gesucht. Der Einführungskurs startet 18 Uhr mit dem Abendessen. Jeder Teilnehmer steht schweigend hinter seinem Stuhl. Gesetzt wird sich erst, wenn alle da sind und wir uns nach einem Glockenschlag vor unserem Platz verneigt haben. Diese Form von Ritualen wird uns die nächsten Tage begleiten und gibt dem Ganzen den Rahmen.
Zu jeweils zehnt sitzen wir an den Tischen. Neben unserem Kurs füllen noch Teilnehmer aus weiteren Seminaren den Saal. Schweigend reichen wir uns die Speisen zu, versuchen nicht mit dem Besteck zu klappern. Das Herabfallen eines Löffels zerreißt klirrend die Stille. Meine Gedanken überschlagen sich, haben Schallgeschwindigkeit angenommen – fast so, als ob mir auch gleich verboten werden wird, zu denken. Was für eine aberwitzige Idee.
Später treffen wir uns zur Einführung in unserem kleinen Meditationsraum in einem der Nebengebäude. Durch das geöffnete Fenster höre ich einen kleinen Bach fließen. Auf dem Boden liegen Matten und Sitzkissen. Jeder von uns zehn Teilnehmern sucht nach dem für sich passenden Sitz – ob im Lotus, im Fersensitz oder auf einem kleinen Bänkchen. Wichtig ist, dass der Körper sich dabei entspannen kann, denn wir werden jeden Tag einige Stunden mit „einfach sitzen“ verbringen. Und auch wenn es enttäuschend klingen mag, doch die Erleuchtung hängt nicht davon ab, wer den Lotussitz besonders gut beherrscht.
Niemand muss hier sagen, wer er ist und was er macht. Schweigend hören wir einfach Franz Nikolaus Müller, unserem Lehrer für die kommenden Tage, zu, wie er Kontemplation beschreibt: „Es ist ein behutsames Einüben in die Gegenwärtigkeit des Lebens, das sich immer im Augenblick ereignet“. Und was das genau ist, probieren wir direkt danach aus: einfach sitzen, den Blick auf den Boden gerichtet, nur den Atem beobachten. Das hört sich total einfach an, erweist sich für mich allerdings fast als unmöglich. Immer wieder kommen Gedanken auf, verselbständigen sich zu einer Story und bringen mich von der Konzentration auf meinen Atem ab – ob das Gedankenkarussell bis zum Ende des Kurses tatsächlich zur Ruhe kommen wird?
Nach 25 Minuten schlägt unser Lehrer zwei Holzklötze aufeinander. Wir verneigen uns, stehen auf und gehen für die nächsten Minuten im Kreis – fast schon Erholung nach dem ungewohnten Sitzen und auch hier jeder bei sich selbst und im Augenblick seiend. Eine zweite Runde folgt, dann die Abendzeremonie bei der wohltönend der große Gong geschlagen wird, bevor wir in die Nacht entlassen werden.
Am nächsten Morgen ist es noch dunkel, als 5:45 Uhr unser Tag beginnt. Als erstes steht „schnelles Gehen“ auf dem Programm, um Körper und Geist zu wecken. Schweigend umkreisen wir alle den Brunnen des Innenhofes – Runde um Runde, fast gespenstisch fühlt sich das an und tut doch gut.
Eine halbe Stunde später sitzen wir schon wieder auf unseren Kissen und beginnen den Tag mit tönen. Der ganze Körper vibriert, als wir „Shalom“ und „Salam“ intonieren. Es ist kein Gesang und doch entwickelt sich eine Form von Melodie, wenn sieben Frauen und drei Männer in ihrer jeweiligen Stimmlage und in der eigenen Geschwindigkeit den Frieden tönen.
Zwei Runden Sitzen, zwei Runden langsames Gehen, dann folgt das Frühstück in der Stille. Fast schon Routine.
Als weiteren Bestandteil der Achtsamkeit beteiligt man sich im Benediktushof jeden Tag nach dem Frühstück eine Stunde an der Haus- und Gartenarbeit. Jeder Teilnehmer bekommt eine Aufgabe und so wischen und putzen wir still durch die Gänge, die Gemeinschaftsbäder und die Räume. Ich habe mich für die kleine Kapelle eingetragen und wische fast liebevoll Staub in diesem schlichten und schönen Raum.
Nach der nächsten „Sitz“-Einheit steht ein Vortrag unseres Lehrers auf dem Programm. Er spricht über die Schriften der Mystiker, über Spiritualität und über die Aufgabe der Religionen, „die Menschen zu ihrem inneren Wesen zu führen“. Vieles davon regt zum Nachdenken an und so bin ich froh, dass danach „Gehen in der Natur“ auf dem Plan steht.
Mich zieht es in den ZEN-Garten, den ich bereits für mich entdeckt habe. Sein Name ist auch „Garten der verborgenen Quelle“ und symbolisiert durch die geharkten weißen Kieselsteine den Lauf des Lebens von der verborgenen Quelle bis hin zur Mündung in den großen Ozean.
Auf den Blättern des japanischen Ahorns glitzern Tautropfen. Wie gern würde ich dies jetzt fotografieren und gleichzeitig würde die Konzentration auf den Bildausschnitt den Moment zerstören. Habe ich tatsächlich schon das Wesen des Augenblicks verinnerlicht?
So vergehen die Stunden und Tage bis Sonntag Mittag. Wir üben uns im Sitzen, Schweigen, bei uns sein. Überrascht erlebe ich, wie gut es mir mit der Stille und auch mit dem Elektronikentzug geht. Wenn meine Zeit mit dem Ende des Seminars hier jetzt zu Ende gegangen wäre, würde ich sehr ruhig, in meiner inneren Mitte, mit guten Vorsätzen für Achtsamkeit im Alltag nach Hause fahren….
Stattdessen hänge ich noch drei Tage „Einführung in den ZEN“ dran.
Zunächst endet unser Kontemplations-Kurs mit dem Mittagessen. Ab jetzt darf gesprochen werden. Obwohl wir bisher fast ausschließlich schweigend zusammen gesessen haben, hat sich doch eine angenehme Gemeinschaft in der Gruppe gebildet. Absolut spannend, wozu nonverbale Kommunikation in der Lage ist. So verabschieden wir uns herzlich voneinander – acht aus unserer Gruppe fahren heim. Neben mir bleibt ein weiterer Teilnehmer ebenfalls zum ZEN-Kurs hier.
Wir beide nutzen die Freizeit zwischen den beiden Seminaren zu einem ausgiebigen Spaziergang durch die herrliche Umgebung und einen intensiven Austausch,
zur Fotosession und auch einmal zum Nachrichten abrufen.
Dann ist es auch schon wieder 18 Uhr und wir „alte Hasen“ kennen das Ritual ja nun schon und sind doch überrascht. Nach unserer kleinen 10-Mann-Gruppe belegen wir nun mit den ZEN-Teilnehmern insgesamt fünf Tische im Speisesaal. 50 Teilnehmer haben sich entschlossen, das Seminar des ZEN-Meisters Alexander Poroj zu besuchen.
Die Einführung findet im großen ZENDO, dem ehemaligen Kreuzgang und heutigem Meditationsraum statt. An den Wänden befinden sich japanische Holzbänke, auf denen die Sitzkissen liegen. Der Raum hat eine unglaubliche Atmosphäre, die noch verstärkt wird, als ihn unser charismatischer Lehrer betritt. Er hält sich nicht lang bei der Vorrede auf, kommt schnell zum Punkt . „Zen ist das Sein in der Gegenwart“ so erläutert er und auch, dass wir das niemals sind. Entweder beschäftigen wir uns mit der Gegenwart oder wir denken an die Zukunft. „Beim ZEN geht es um das Verweilen im Hier und Jetzt“ Dazu sitzen wir nun wieder in der Stille und üben das schier unmögliche.
Am nächsten Abend haben wir Gelegenheit zu einer Frage- und Antwortrunde mit ihm. Auf seine These: „Nicht das ICH denkt die Gedanken, sondern durch die Gedanken entsteht das ICH“ erwidere ich: „Dann könnte ich mich ja jeden Tag neu erfinden“. Lächelnd antwortet er „Das kannst du jeden Augenblick“ und eröffnet mir damit einen völlig neuen Horizont.
Er wirbt für „pure Präsenz“ mit der Vorstellung, welche Energien freigesetzt würden, wenn wir im Umgang miteinander tatsächlich auch anwesend wären. Wie schwer das ist, erkenne ich einmal mehr in der nächsten „Sitzrunde“, als in meinem Kopf aus einem Gedanken wieder ein ganzer Film wird. Und auch dazu hat unser Lehrer einen interessanten Ansatz: „Es ist nicht schlimm, dass wir die Filme im Kopf haben, wir müssen uns nur bewußt sein, dass es Filme sind.“ Das unterstützt die These, die ich aus meiner meiner Coachingausbildung mitgenommen habe „Es gibt keine Wahrheit, sondern nur Wirklichkeitskonstruktionen“.
Das Ziel von Alexander Poroj ist es, uns aus unserer Komfortzone zu locken, gegenwärtig zu werden, „denn Alltag ohne Gegenwart gibt es nicht“.
„Es gibt nur zwei Tage im Leben, an denen du nicht verändern kannst. Der eine ist gestern und der andere morgen“ so sagt es der Dalai Lama. Wie lange es wohl dauern wird, bis dies mein Bewußtsein wirklich erreicht hat?
Am nächsten Morgen holt meine Schwester mich am Glöcknerstift ab. Die beiden letzten Etappen werden wir gemeinsam laufen. Noch ist es still in der Stadt und nach einem kleinen Frühstück zieht es uns zunächst in die Sonderausstellung „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen“, die im Augusteum gezeigt wird.
Im ersten Teil des Ausstellung begleitet uns der Audioguide auf den Lebensweg von Martin Luther. Er berichtet anhand von 95 Schätzen aus Luthers Umfeld über seinen Weg in die Welt und zur Reformation. Wir kommen dem Menschen Martin Luther sehr nah und erleben seine Entwicklung vom Mönch zum Reformator.
Der zweite Teil der Nationalen Sonderausstellung stellt 95 Menschen mit ihrer jeweiligen persönlichen Beziehung zu Martin Luther und seinem Werk vor. „Er wurde bekämpft und bewundert. Er hat inspiriert und provoziert, er hat berührt und abgestoßen – nur kalt gelassen hat er niemanden.“ – so heißt es in der Ausstellung und trifft es sehr genau. Persönlichkeiten vom 16. bis 21. Jahrhundert kommen zu Wort und von Zeit zu Zeit läuft mir eine Gänsehaut über den Rücken, wie aktuell der Bezug zu dem Reformator noch heute ist.
Schnell sind zwei Stunden vergangen und es wird Zeit, uns auf den Weg zu machen. In der Stadtkirche zünden wir noch Kerzen für unsere Lieben an und dann geht es auch schon los.
Auf den nahegelegenen Elbwiesen treffen wir ein Paar, das auf dem Jakobsweg von Mittelfranken nach Berlin wandert, sozusagen in die entgegengesetzte Richtung. An ihrem Rucksack baumeln ein paar Mini-Schuhe, denn die beiden wollen ihre Enkelin in Berlin besuchen und machen heute ebenso wie ich gestern Station im Glöcknerstift. Auf meine Bemerkung, dass sie die ersten Pilger sind, die mir bisher auf meinen Weg begegnen, antworten sie, dass auch ich erst die Zweite auf der langen Distanz bin, die sie pilgernd treffen. Nur ein Paar aus Hamburg ist ihnen bisher in Nürnberg entgegengekommen – das nun wieder sind Freunde von mir, die kürzlich von Leipzig nach Nürnberg gewandert sind – verrückte Welt.
Wir steigen die Stufen zur vielbefahrenen Elbbrücke empor und überqueren den Fluß.
Froh, nach einer ganzen Weile die lautstarke Bundesstrasse wieder verlassen zu dürfen, biegen wir ab in den kleinen Ort Kienberge und bleiben staunend auf der Dorfstraße stehen, denn vor uns eröffnet sich der Blick auf eine Outdoor-Modelleisenbahn.
Liebevoll dekoriert ist diese im Großformat direkt an einer Hauswand montiert. Es gibt einen Bahnhof, Häuser, Autos, Menschen, Flugzeuge – auf jedes kleine Details wurde geachtet. Und plötzlich – wir sind schon fast daran vorbei – setzt sich die ganze Szenerie in Bewegung: Züge fahren, Flugzeuge kreisen über den Schienen. Der Mann, der dem Modell Leben eingehaucht hat, erscheint am Fenster und grüßt uns freundlich. Vor zwei Jahre schon – so berichtet er – hat er das Modell aufgebaut, das jeder Jahreszeit trotzt und an dem sich glücklicherweise auch noch kein Dieb vergriffen hat. Fröhlich winkt er uns nach und wünscht uns einen guten Weg.
Das nächste Highlight unserer Wanderung ist der Bergwitzsee, den wir einige Zeit später erreichen. Einstmals wurde hier Braunkohle abgebaut, bis der Tagebau bereits 1955 nach seiner Stilllegung geflutet wurde. Idyllisch liegt er vor uns. Nur die bewirtschaftete Seeterrasse, die wir uns in unseren Träumen ausgemalt haben, um uns bei einer kühlen Apfelschorle zu erholen, die finden wir hier leider nicht.
Die letzten Kilometer strecken sich trotz der schönen Landschaft sehr. Kurz vor der Zielgerade können wir ein Verlaufen gerade noch verhindern und kommen am Abend im Heidehotel Lubast an. Nach einer erfrischenden Dusche stärken wir uns im Biergarten des Hauses und fallen bald darauf in den wohlverdienten Schlaf.
Am nächsten Morgen brechen wir zur zunächst letzten Etappe unserer Tour auf, die uns geradewegs durch die Dübener Heide führt.
Auch hier treffen wir noch einmal auf den Reformator – schließlich ist dies nicht nur der Jakobs- sondern auch der Lutherweg – und verweilen kurz an dem witzigen Sitzmöbel mit einem Zitat von Luther: „Das ist das Allergrößte, wenn ich des Nächsten Schwachheit ertragen kann“.
Wunderschön ist es in dem Wald, wir genießen den Schatten der Bäume, freuen uns über die Sonnenstrahlen, die hier und da durchblitzen und an den bunten Schmetterlingen, die uns auf unserem Weg begleiten. Am Wegesrand wachsen Dutzende von Pilzen, die wir allesamt stehen lassen, denn unser Pilzkenner, dem wir regelmäßig Fotos von unser Beute senden, warnt uns dringend mit einem „Tödlich“ davor.
Von Zeit zu Zeit wünschen wir uns einen Rastplatz, um den Rucksack einmal absetzen zu können und die Beine zu entlasten. Doch die sind hier eher rar gesät. Das bringt uns zu Tagträumereien, zu Bänken, die wir stiften wollen oder noch besser zu aufblasbaren Stühlen, die Wanderer in ihren Rucksäcke mit sich tragen könnten – vielleicht tatsächlich noch eine Marktlücke 🙂
Am Nachmittag kommen wir in Bad Düben an – gönnen uns auf dem Markt ein großes Eis und freuen uns wenig später über unseren Shuttleservice zurück nach Hause. Leider reicht die Zeit nicht, die letzten 40 Kilometer nach Leipzig zu laufen – doch aufgeschoben, ist nicht aufgehoben …
Alles Liebe – und bis hoffentlich bald …