… I am exploring. Live is an adventure worth enjoying …
Unentwegt geht mir der Songtext von Jana Stanfield durch den Kopf, während ich durch die Teefelder von Hatton streife.
Unbeschreiblich schön ist die Landschaft
Keines meiner Fotos wird dem Anblick gerecht.
Teefelder bis zum Horizont. Fast schon habe ich ein schlechtes Gewissen, dass ich das Panorama so schön finde. Haben wir doch oft über die Auswirkungen der Monokultur gesprochen, über die schlechten Arbeitsbedingungen der Frauen, den geringen Lohn für die harte Arbeit und das hohe Risiko, in den eng gepflanzten Teereihen auf eine tödliche Schlange zu treten.
Gleichzeitig bewundere ich die Frauen, die mich trotzdem freundlich anlächeln und munter miteinander erzählen. Beherzt greifen sie mit beiden Händen in den Tee und pflücken die Blätter. Schmunzelnd denke ich daran zurück, wie vorsichtig ich die Blätter in der Eco-Lodge von den Stengeln gezupft habe…
Zwei Tage ist es schon wieder her, dass ich die Singharaja Garden Eco Lodge und damit meine Familie auf Zeit verlassen habe. Nach fast vier Wochen intensiver Zeit fällt mir der Abschied schwer.
Mit Tränen in den Augen nehme ich Edna’s Geschenk entgegen. Es ist ein kleiner Schutzengel aus Holz, den ich aus der Tasche ziehen kann, wenn ich mich einsam fühle. Es ist schön, einen solchen Reisebegleiter zu haben.
Die letzte Woche verging wie im Flug.
Noch einmal Guide sein bei einem Tagesausflug in meinen Lieblingsort Galle.
Noch ein letztes Video drehen – diesmal über Edna’s wunderbaren Yogaunterricht.
Mein aller-allererstes Interview für meinen Podcast führen mit meinen wunderbaren Gastgebern.
Pradeep, einer der Köche, lädt mich ein, seine Familie und sein Zuhauses kennenzulernen. Das berührt mich sehr.
Seine Frau kocht lecker für mich, während mir seine bezaubernden achtjährige Tochter stolz ihre Englischhefte zeigt.
Unaufhaltsam vergehen die Tage. Am letzten Morgen nehme ich bei einem Spaziergang noch einmal die exotische Atmosphäre des Regenwaldes auf und reflektiere meine intensive Zeit hier.
Kaum kann ich in Worte fassen, wieviel ich in den Wochen gelernt habe, über den Betrieb eines ökologischen Hotel- und Landbetriebs, über Flora und Fauna, übers Videodrehen und vor allem über mich selbst. Mit großer Dankbarkeit denke ich an meine Volontärzeit. „Nur wer fortgeht, kann auch wiederkommen“ – ich freu mich schon jetzt darauf.
Wenige Stunden später komme ich in Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas an. Von hier soll es am nächsten Tag mit dem Zug nach Hatton – dem Ausgangspunkt meiner Besteigung des Adams Peaks – weitergehen. Doch in Colombo-Fort, dem traditionellen Bahnhof, erlebe ich eine herbe Enttäuschung Eine Zugreservierung ist nicht möglich „fully booked“ – fassungslos schaue ich den Ticketverkäufer an. Theoretisch kann ich eine Stunde vor Abfahrt des Zuges ein Ticket erwerben, vermutlich um dann fünf Stunden im Zug zu stehen.
Ein wenig fühlt es sich wie eine Niederlage an, als ich in meinem Hotel um einen Fahrer nach Hatton bitte.
Kurze Zeit später wandere ich ziellos an der Uferpromenade von Colombo entlang.
Plötzlich so ganz ohne Struktur und Aufgaben zu sein, daran werde ich mich erst gewöhnen müssen.
Eine Weile schaue ich dem geschäftigen Treiben auf der Großbaustelle am Strand zu. Hier entsteht eine riesige, von den Chinesen finanzierte Hafenstadt mit Yachthafen, Hotels, Bürokomplex mit modernster Infrastruktur. Im Augenblick bedarf es dafür noch viel Phantasie ..
Später gönne ich mir ein kühles Glas Weißwein in der Rooftop Bar des Kingsbury Hotels. Die warme Abendluft umschmeichelt mich, Livemusik lenkt mich von meinen trüben Gedanken ab.
Meine „Ich mach’s jetzt einfach“-Weltreise geht weiter …
Am nächsten Morgen holt mich mein Fahrer ab. Seine Englischkenntnisse sind begrenzt und so hängen wir in den nächsten knapp fünf Stunden unseren Gedanken nach. Booking.com hat das erste Mal gelogen. Das Hotel liegt 8 km außerhalb von Hatton, so war das nicht geplant. Doch die Umgebung entschädigt mich schnell. Von meinem Zimmer aus schaue ich auf den Castlereagh See. Die Aussicht ist grandios.
Beim Abendessen schließe ich mich zwei älteren Damen aus München an. Ihr witziger Guide spendiert uns Dreien eine Flasche Rotwein. Gemeinsam lachen wir bis uns die Tränen kommen. Allein – aber nicht einsam.
Am nächsten Morgen ziehe ich in ein Hotel in Hatton um. Von hier aus startet in der Nacht meine Besteigung des Adams Peak. Um zwei Uhr geht es los – 7 km und 5.200 Stufen bergauf, um den Sonnenaufgang gegen 6 Uhr zu erleben. Meine Knie knirschen in Erwartung der Anstrengung schon heute. Wie es mir wohl morgen um die Zeit gehen mag?
In der Railway Lodge, in der ich den Post gerade schreibe, fällt mir immer wieder ein Spruch ins Auge :
Marita
Liebe Yvonne, schön, dass Dir die Zeit in der lodge so viel gegeben hat. Aber jede Phase hat ein Ende und einen neuen Anfang für das nächste Abenteuer. Auch wenn nicht alles glatt läuft, so hast Du die Einstellung, damit umzugehen und Deine Pläne zu ändern. Ich denke, genau darauf kommt es an und nicht darum, dass alles glatt läuft, aber das weißt Du längst selber.
Ich freue mich auf Deine nächsten Berichte.
Yvonne
Liebe Marita, ich gebe nicht auf – gleich wage ich das Zugabenteuer noch mal – ohne Reservierung. Bin schon sehr gespannt
Liebe Grüße letztmalig aus Sri Lanka
Sylvia
Liebe Yvonne,
nach deiner Volontärszeit geht es nun weiter zu den nächsten Etappen deiner Weltreise. Mögen sie dir ebensoviel Lehr-Reiches und Beglückendes bringen wie die erste.
Ich wünsche dir durchhaltewillige Knie für die Adams Peak-Besteigung und bin gespannt auf deinen Bericht von dieser Challenge und all den folgenden.
Deine Sylvia