Yvonnes Reisen

What a wonderful world!

Kein Tag in Jerusalem

Nun sitze ich nach einem wunderbaren und doch so anderen als geplanten Tag bei einem Glas Rotwein in meinem Jerusalemer Hotel – wieder „zu Hause“ angekommen. Was für ein schönes Gefühl : zu Hause in der Fremde – und genauso empfinde ich es jetzt an meinem „Stammplatz“ seit dem gestrigen Abend. Meine Gedanken schweifen zurück. Bin ich wirklich erst seit 30 Stunden hier ? …

Mein Bus erreicht das Jerusalemer Terminal nach Sonnenuntergang. Etwas mehr als drei Kilometer sind es bis zu meinem Hotel. Zum Kofferrollern eigentlich zu weit. Für ein Taxi habe ich keine Lust. Ich entdecke die Straßenbahn, die mich durch das moderne Jerusalem fährt und ich erkenne sehr schnell , dass die Stadt weit mehr als die „Old City“ zu bieten hat.

Mein Hotel liegt etwas außerhalb der Altstadt in der Nähe des Damaskus-Tors.
Schon beim Eintreten in das palästinensische Domizil fühle ich mich Ort- und zeitversetzt – der Orient nimmt mich gefangen . Das angrenzende Gartenrestaurant strahlt Behaglichkeit aus. Ich bin angekommen – und will auch gar nicht mehr weg. Zumindest nicht heute Abend. Ich trinke roten Wein und denke über Jerusalem nach :

Jerusalem – die heiligste aller Städte.
Yerushalayim bedeutet auf hebräisch – „die Stadt des Friedens“
Der arabische Name: Al-Quds wird übersetzt mit „die Heilige“
Man sagt, es ist die großartigste, die ergreifendste und die zerrissenste von allen Städten dieser Welt.

Geistige, religiöse und politische Hauptstadt der Juden, Heilige Stadt für Muslime und Christen. Ebenso wie Rom auf sieben Hügeln erbaut und mit einer 3000 Jahre alten Geschichte eine der ältesten Städte der Welt. In dieser Zeit wurde die Stadt achtzehnmal erobert, häufig dabei zerstört, wieder zurückerobert, belagert und immer wieder aufgebaut

Zeitig am nächsten Morgen passiere ich das Damaskustor zum arabischen Viertel der Altstadt. Noch ist es ruhig hier. Die Händler bauen ihre Stände auf. Das Stadttor ist nicht schlicht nur ein Tor , sondern auch ein großer arabischer Markt , dessen Gefühl man sich hingeben kann.

Ich lasse mich treiben durch die Altstadt, deren hohen Mauern kaum Tageslicht hindurchlassen. Ein mittelalterliches Gefühl stellt sich bei mir ein, als ich die glatten unregelmäßigen Pflastersteine unter meinen Füßen spüre.

Mein erstes Ziel – fast schlafwandlerisch erreicht – ist die Klagemauer.

Die Juden haben das Recht der älteren und so beginne ich hier meine Tour.
Hier war Abraham, Vater der vielen Völker und Stammvater der Juden, bereit, seinen Sohn Isaac Gott zu opfern, was Gott im letzten Moment aber noch verhinderte.
800 Jahre später eroberte König David die Stadt und übergab dem Volk die Bundeslade, die Truhe, in denen die zehn Gebote aufbewahrt werden, die der Prophet Moses von Gott auf dem Berg Sinai empfangen hat
König Salomo, Sohn Davids, erbaute im 8. Jh v.C. den Tempel für den einzige Gott der Juden auf dem Berg Moria von Jerusalem. Auch dieser wurde mehrfach zerstört, wieder aufgebaut und nachdem die Römer ihn dem Erdboden gleichgemacht haben, ist an dieser Stelle nur noch die Klagemauer, die äußere Unterstützungsmauer des Tempels, übrig geblieben – der heiligste Ort der Juden, vor dem ich nun angekommen bin.

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Noch ist es auch hier ruhig. Streng geteilt in Frauen und Männern tritt man an die Mauer heran, berührt sie und wer mag hinterlässt ein Kwittelchen, ein kleines Zettelchen in die Ritzen der Mauern gesteckt, mit einer Botschaft, einem Wunsch, der in Erfüllung gehen möge. So tue ich es auch, stecke meinen Herzenswunsch in die Mauer und bin erfüllt von der Stimmung.

Und doch ist auch hier alles ein bisschen „normal“. Die Frauen stecken ihre Köpfe über den Zaun zu den Männern, sind interessiert an deren Gesang, zücken ihre Handys, um Fotos zu machen.

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Im angrenzenden Park feiern Familien die Bar Mitswa ihrer Kinder – am besten vielleicht vergleichbar mit Konfirmation oder Jugendweihe.

Ich spaziere an der Stadtmauer entlang Richtung Ölberg. Denn hier ist ein Teil der Christengeschichte nachzuvollziehen. Und in der Geschichte kommt nach der ersten Prophezeiung durch Moses nun Jesus , Gottes Sohn.

Während ich noch darüber grüble, das Jerusalem nur mit dem Reiseführer in gedruckter Form schwer zu verstehen ist, spricht mich Sami an, ob er mich auf den Ölberg mit seinem Taxi fahren darf, der Aufstieg sei hart. Ich kontere , dass ich gut zu Fuß sei. Er lässt nicht locker, fragt mich , ob ich denn auch nach Bethlehem möchte. Heute nicht – vielleicht morgen antworte ich. Und schon haben wir ein verbindliches Date und einfach nur so fährt er mich dann doch auf den Ölberg , lässt mich die Aussicht auf den Felsendom genießen und erklärt mir den jüdischen Friedhof.

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Ich entscheide, direkt nach Bethlehem zu fahren,  steige wieder in sein Taxi und finde , mit der Geburt Jesus Christus zu beginnen, macht absolut Sinn.

Sami liebt seinen Job und er liebt es, Menschen glücklich zu machen. Kurze Zeit nachdem wir unterwegs sind, sagt er mir auf den Kopf zu, du lächelst mich an , aber tief in dir bist du traurig … und schon erzähle ich einem wildfremden Mann meine Lebensgeschichte und denke kurze Zeit später, dass das auch ein bisschen verrückt ist – kein Mensch weiß , wo ich derzeit zu finden bin. Doch mein Vertrauen siegt auch hier. Die Maxime von Sami – weniger denken, mehr träumen – klingt sehr lebenswert.

Wir nutzen den für Palästinenser vorgesehenen Grenzübergang. Zwar mit einem Umweg versehen, können wir ohne Kontrolle passieren und schon sind wir mitten drin in Bethlehem und an der Geburtskirche. Im Rahmen des 2000 jährigen Jubiläums wurde nicht nur die Kirche saniert , sondern gleich die ganze Altstadt. Sami überlässt mich einem deutschsprachigen Araber, der in Düsseldorf aufgewachsen ist und der mit mir die Kirche besichtigt. Wir stehen vor der Stelle, von der die Geschichte berichtet, dass Maria hier entbunden und an der Krippe, in der Jesus die Geschenke von den drei Weisen erhalten hat. Ich sträube mich aus Respekt vor den Gläubigen, Fotos vom Inneren der Kirche zu machen.
Nur ein Foto von außen gönne ich mir, obwohl die Fassade nicht im entferntesten wiedergibt, was es im inneren zu sehen gibt.

Unweit davon befindet sich die Grotte , in der Josef und Maria sich versteckt hielten , als alle Babys ermordet wurden, um zu verhindern , dass ein neuer König der Juden aufwächst. Ich wundere mich , dass Besucher Puder von den Steinen abkratzen. Sami hat die Erklärung dafür. Es gibt die Legende, dass Puder aus dieser Kapelle bisher unerfüllte Kinderwünsche erfüllt …

Leben ist zu kurz, um Entscheidungen lange zu besprechen. Ich greife die Empfehlung meines deutschsprachigen Guides auf und so fahre ich mit Sami einfach weiter – nach Jericho zur ältesten Siedlung der Welt, zum Jordan, dem Grenzfluss zwischen Israel und Jordanien , wo Josef der Täufer sich Jesus anschloss und schlussendlich ans Tote Meer, zum tiefsten Punkt unter der Meeresoberfläche , dessen 33% Salzgehalt und dessen Mineralien heilende Wirkung zugesprochen wird.

Noch während ich den Tag Revue passieren lasse, fallen mir die Augen zu – Fortsetzung folgt ….

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Fortsetzung – Kein Tag in Jerusalem

  1. Weber bärbel

    Guten morgen, liebe yvonne. Schon lange fand ich nicht mehr die ruhe, deinen block zu lesen. Nun sitze ich hier mit meinem kaffee und habe das gefühl, ich möchte gar nicht mehr aufhören. Ich wünsche dir ganz viel freude, tolle momente und begegnungen und ein danke für diesen tollen start in den tag. Ich freue mich schon auf deinen nächsten beitrag. G.l.g. nach israel

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