I‘ m never alone

Strahlender Sonnenschein. Frühstück nicht bei Tiffany, dafür bei Starbucks und der vierte Tag beginnt.
Ich habe mich dazu entschlossen , einen Gottesdienst in Harlem zu besuchen, um ein bisschen von der Atmosphäre und dem Spirit mitzunehmen.
Die mächtigste und wichtigste Kirche von Harlem ist die Abyssininan Baptist Church.
Außerdem ist sie bekannt wegen ihres Gospelchores und so mache ich mich auf den Weg dorthin Schon von weitem sehe ich die Menschenmenge, die Einlass begehrt zum Sonntagsgottesdienst. Offensichtlich wurden Einlasskarten verteilt. Eine Frau bettelt eine der Ordnerin um 2 Karten an. Ihr Mann habe Geburtstag und wünscht sich so sehr, dem Ereignis beiwohnen zu dürfen. Rüde wird sie abgewiesen , warum sie denn dann so spät kämen. Kopfschüttelnd wende ich mich ab, das ist nicht meine Vorstellung von einem Gottesdienst.

Direkt um die Ecke befindet sich die kleine Gemeinde der Mother African Methodist Episcopal Church, deren Pfarrer mich freundlich begrüßt und zu meinem Platz in der Kirche begleitet. Die wenigsten hier scheinen wirklich zur Gemeinde zu gehören. Ich denke kurz darüber nach , wieder zu gehen. Ringsum mich klicken die Handys und Kameras. Aus Respekt vor dem Pfarrer und auch ein bisschen aus Neugierde bleibe ich sitzen. In den vorderen Reihen sitzen die schwarzen , schönen Frauen der Gemeinde. Männer entdecke ich wenige.
Dann beginnt der Gottesdienst mit einem gemeinsamen Lied, Der Pfarrer begrüßt uns mit den Worten „Beginnt den Tag mit einem Lächeln und begrüßt eure Nachbarn. “ und so gehen die Mitglieder der Gemeinde durch die Reihen und schütteln uns die Hände und auch wir begrüßen die hinter, vor und neben uns -eine schöne Atmosphäre entsteht.
Den Pfarrer scheint es nicht zu stören , das so viele Touristen in seiner Kirche sind. Er begrüßt die verschiedenen Nationalitäten. Spannenderweise kommt der größte Anteil aus Frankreich und Italien. Neben mir sitzt eine Kanadierin. Für Germany hebt neben mir nur einer seine Hand.
Nach den Ankündigungen ist Zeit für den Gospelchor. Es herrscht eine fröhliche Atmosphäre , alle klatschen mit , der Pfarrer wiegt im Takt mit und zum Schluss stehen wir alle vor Begeisterung auf. Der letzte Song hieß I m not alone – und so fühle ich mich auch in diesem Moment.
Dann kommt die Predigt. Es geht um das gefangen sein im Alltag ,darum negative Energie umzuwandeln und sich jeden Tag neu herauszufordern. Letzteres tut er auch mit voller Kraft. Der Pfarrer hat ein Mikro , aber er hätte es auf keinen Fall gebraucht. Er steigert sich in eine Art Ekstase, die ungefähr eine halbe Stunde dauert. Die eigene Gemeinde geht voll mit , es wird genickt , geklatscht und beigepflichtet. Dann ist es vorbei , der Pfarrer ist erschöpft und ehrlich – ich bin es auch und genieße die Stille auf der Straße.

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Es ist warm geworden, fast zu warm für ausgedehntes sightseeing und so lasse mich ein wenig treiben. Am beeindruckenden City College of New York vorbei zum Trinity Church Cemetry, einem der ältesten und berühmtesten der Stadt. Je tiefer ich in den Stadtteil Harlem eindringe, um so weniger Touristen sind zu sehen. Es wird fast überall Spanisch gesprochen. Eine andere Welt.

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Am Morris Jumel Mansion, ein schön restauriertes historischen Herrenhaus, das wohl eher in die Südstaaten passt und heute ein Museum ist, gönn ich mir im Schatten eine Pause. Direkt daneben befindet sich eine Reihe von zweistöckigen Bürgerhäusern im Kolonialstil. Man könnte meinen , Scarlett O Hara kommt gleich die Treppe hinunter. Stattdessen repariert ein Mann seine Türklingel …

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Ich habe komplett die Zeit vergessen und schon ist es Nachmittag Eigentlich sollte man an einem solchen Tag ans Meer fahren , aber der Blick auf die Karte desillusioniert mich – das ist wirklich zu weit.
So fahre ich zurück nach Midtown – die MoMA wartet auf mich.
Am Broadway kaufe ich mir schnell ein Cookie, das Frühstück ist echt schon lange her, und bin ein bisschen empört über den Preis. 4 Dollar für einen Keks, das ist schon heftig. Na gut , die Kilokalorien entsprechen sicher einer ganzen Mahlzeit 🙂

Zum erstenmal verwechsle ich die Hausnummer 11 mit der 11.street und wundere mich , warum ich mich so weit vom Broadway entferne. Auf der Karte war die MoMA viel zentraler eingezeichnet.
In einem Straßencafé frage ich nach. Alle diskutieren und schicken mich in die genau andere Richtung. Als ich ein bisschen vor mich hin maule , heißt es , das ist doch nicht so schlimm , es wäre ja ein sonniger Tag. Die haben gut reden und vermutlich noch keine 15 km in den Füßen.
Aber es nützt ja nix. Wie hieß es doch heute Morgen : Beginn den Tag mit einem Lächeln.

Spät komme ich bei der MoMA an. Der Vorteil ist , auch hier hat der große Besuchersnsturm schon nachgelassen. Der Nachteil : ich muss mich beschränken. Die Ausstellung umfasst 5 Etagen. Ich entscheide mich für die Malerei von 1880 bis 1940 und freue mich , viele alte Bekannte an den Wänden zu entdecken , die ich schon in Berlin gesehen habe, als die MoMA zu Besuch war.
Völlig irritiert bin ich vom ständigen Kameraklicken. Viele fotografieren jedes Bild Ein Japaner läuft mit seinem Handy von Kunstwerk zu Kunstwerk – ohne hinzuschauen fotografiert er jedes Bild.
Was mag das für einen Sinn haben ? Ein Katalog wäre sicher geeigneter. Absolut abstrus wird es , als zwei Mädchen ein Selfie vor einem Klimt machen. Vielleicht bin ich aber auch einfach zu konservativ.
Viel zu spät entdecke ich den wunderschönen Skulpturengarten im Erdgeschoss, denn schon schließt das Museum. Die MoMA muss unbedingt auf meinen To do Zettel für meinen nächsten Besuch in NYC

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Ich bin entspannt genug für den Times Square. Auf den Ruby Red Stairs – einer Bühne mitten auf der Straße sitzen die Menschen und hören jungen Musikern zu , die sich hier für einen guten Zweck präsentieren. Teilweise sind wirklich beachtliche Stimmen dabei. Leider bin ich schon fast zu spät und erlebe nur noch wenige der Talente. Die Musik ist vorbei , die Menschen aber bleiben sitzen und bestaunen das quirlige Treiben und die bunten Leuchtreklamen am Times Square
Ich sitze mittendrin und schreibe diese Zeilen. Kaum zu glauben , das ich morgen schon zurückfliege …

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Irgendwann kann nicht mehr sitzen und auch der Hunger treibt mich an.
An der 6th, Ecke 53. gibt es bestes Streetfood. Hier haben die Halal Guys ihren Stand , der immer dicht umlagert ist. Die Empfehlung habe ich schon von zu Hause mitgenommen Lieben Dank dafür. Mit meinem Teller Falafel of Rice setze ich mich wie alle anderen auf den Rand des Blumenkastens – eine gute Wahl.

Schon einmal so weit oben auf der 5th kann ich eigentlich noch kurz bei Tiffany vorbeischauen. Gut , das ich mir keinen Kaffee dafür gekauft habe , für die sehr übersichtliche Auslage hätte wohl ein Espresso gereicht. Zu Zeiten von Holly Golightly gab es da sicher mehr zu sehen.

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Nächste Ecke der AppleStore 24h/7d. Das hat mir zwar schon mein Reiseführer im Central Park erzählt. Geglaubt habe ich das nicht , aber jetzt steh ich drin , Sonntag Abend 21 Uhr. Oh mein Gott, New York ist schon ein bisschen drüber oder Apple oder beide ?

Zeit für einen letzten Wein an der Bar im Hotel. Und da das hier so einfach ist , mit dem „Taxi“ rufen und auf die Straße laufen , sitze ich jetzt also hier und stoße an – auf die Stadt , auf das Leben und auf das, was noch kommt …